Wenn man so darüber nachdachte, war das Leben nichts anderes als ein sehr langes Rennen, ein Rennen ohne Sieger. Und der Tod das Ziel, in dem jeder irgendwann ankam – die einen früher, die anderen später. Einige Leute nahmen eine Abkürzung, andere schoben das Ziel immer weiter vor sich her, bis es irgendwann nicht mehr ging. Noch andere brachen das Rennen vorzeitig ab und warteten darauf, dass das Ziel zu ihnen kam, doch egal für welchen Weg man sich entschied, schlussendlich landete jeder am gleichen Ort: im Ziel.
Die einzige Frage, die blieb: Was kam, wenn man durch das Ziel gelaufen war?
Irgendetwas musste doch kommen, eine Belohnung, man hatte schließlich das Ziel erreicht.
Oder war das Rennen das Ziel und nach dem Ende kam einfach nichts? Keine Glückwünsche, keine Medaille… Und noch wichtiger, wie war es im Ziel? Lief nicht jeder Mensch eine eigene Strecke, mit eigenem Ziel und individuellem Start? Warum sollte man sich im Ziel dann treffen? War es nicht viel wahrscheinlicher, dass jeder Mensch sein eigenes, individuelles Ziel hatte, das die einen in weniger Zeit erreichten als die anderen? Jeder Mensch hatte sein eigenes Ziel und seinen eigenen Start.
Das gefiel mir, dieser Gedanke.
Doch auf eine Frage wollte ich keine Antwort: Wenn jeder seine eigene Bahn und sein eigenes Ziel hatte, war man dann nach Erreichen des Letzteren für immer allein? Wenn niemand an der gleichen Stelle endete wie man selbst? Und wie lange war man im Ziel? Konnte man ein neues Rennen beginnen oder hieß es “einmal im Ziel, immer im Ziel”?
Auf all diese Fragen würde ich wohl so schnell keine Antwort bekommen, denn ich war noch weit von meinem Ziel entfernt. Darüber könnte ich mir dann noch Sorgen machen, wenn ich es erreichen würde; denn jetzt würde ich erst einmal mein Rennen zu Ende laufen, manchmal sprinten und manchmal gemütlich joggen, an manchen Stellen eine Pause machen und andere so schnell wie möglich hinter mir lassen, je nachdem.
Ich renne mein Rennen, lasse mir Zeit und denke nicht an das Ziel, denn so ist das Leben. Es gibt keinen eindeutigen Weg, alles ist möglich. Und an das Ende sollte man nicht denken.